Karl Nolle, MdL

DNN, 12.11.1999

Landtag debattiert Lehrstellen-Not

Kultusminister Rößler will 400 zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten schaffen
 
DRESDEN. Der erste offene Debatten-Tag im Parlament nach der Sachsen-Wahl im September stand gestern im Zeichen einiger „Jungfernreden“ neuer Abgeordneter und ersten Auswirkungen der Kräfteverschiebung von der SPD zur PDS. Konkretes kam dabei auch heraus: Kultusminister Matthias Rößler (CDU) lässt gerade prüfen, ob der Freistaat 400 zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative schaffen kann, um der gewachsenen Nachfrage gerecht zu werden.
Damit hat er seinen Chef, Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, indirekt korrigiert. Denn der hatte in der Regierungserklärung am 13. November zum Thema Lehrstellenmangel festgestellt: „Einen solchen Mangel gibt es eher in der öffentlichen Wahrnehmung als in der Wirklichkeit.“ Das bezeichnete die PDS-Abgeordnete Regina Schulz gestern in der „aktuellen Stunde“ über die berufliche Erstausbildung als „Unverschämtheit“.
Tatsächlich hat keiner der Redner behauptet, es sei alles in Ordnung mit der Berufsausbildung, deren Sicherung für SPD-Fraktionschef Thomas Jurk eine der größten Herausforderungen für die Politik darstellt. Denn: „Am Anfang muss jeder seine Chance erhalten.“ Dies aber sei nicht gewährleistet, wenn fast jeder zweite Lehrling nicht in einem ordentlichen Betrieb ausgebildet werde, sondern in Berufs- oder Fachschulen.
Als „ernst, aber nicht hoffnungslos“ bezeichnete Thomas Pietzsch (CDU) die Lage, dass von rund 68 000 Schulabgängern noch immer mehr als 3000 auf eine Lehrstelle warten. Er appellierte, wie später auch SPD-Neuling Hanjo Lucassen, an Unternehmer, mehr Lehrstellen bereit zu stellen. An das Wirtschaftsministerium gerichtet erging die Mahnung, die Zurücknahme betrieblicher Förderung würde sich negativ auf die Ausbildungsbereitschaft auswirken.
Deutlich wurde, dass in Sachsen nur ein Drittel der bei Handwerks- und Handelskammern registrierten Betriebe ausbildet, wie Regina Schulz sagte.
Druck-Unternehmer Karl Nolle (SPD) kritisierte „schlechtes Niveau“ bei Ausstattung und Personal mancher Berufsschulen. Dem widersprach Rößler: Eine Milliarde Mark seien in Berufsschulen investiert worden, derzeit gebe es dort so viele Schüler wie nie in Sachsen. Allerdings würden in etlichen Fächern Lehrer gesucht. Der Minister will weiter „Anreize für die Betriebe schaffen, die nicht ausbilden“.
(von Manfred G. Stüting)

Karl Nolle im Webseitentest
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